Interview mit Benjamin Cremes Meister (durch Benjamin Creme) von Patricia
Pitchon
Die Welthandelsorganisation (WHO)
Viele Entscheidungen, die Millionen von Menschen betreffen und enorme,
häufig auch verhängnisvolle soziale, ökologische, ökonomische
und politische Auswirkungen haben, können künftig nicht mehr
von Kommunen und Landesregierungen getroffen werden. Jede von einem der
Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation angefochtene Entscheidung
wird nicht gewählten Experten in Genf vorgelegt, die im Dienste dieser
neu geschaffenen globalen Organisation stehen.
Benjamin Cremes Meister erklärte sich freundlicherweise bereit, Fragen
zu den Auswirkungen der Globalisierung zu beantworten.
Patricia Pitchon: Welches sind nach Ansicht des Meisters die größten
Gefahren, wenn jetzt solche zutiefst undemokratischen Strukturen wie die
der WHO entstehen?
Meister: Sich selbst überlassen, würde die Umsetzung
dieser Handelsabkommen eine völlige Katastrophe und den
Zusammenbruch der normalen Beziehungen zwischen den Nationen verursachen.
Doch so weit muß es nicht kommen. Denn wie bei derartigen Abkommen
selbstverständlich, bauen intelligente staatliche Führungskräfte
in alle Verträge Sicherungs- und Kontrollmechanismen ein. Das wird
auch bei den derzeitigen Verhandlungen der Fall sein. In Wirklichkeit
will keine Nation, nicht einmal die größte und stärkste,
Opfer ihrer eigenen Fehleinschätzungen werden.
PP: Gegenwärtig fechten europäische Konzerne amerikanische
Gesetze an, die ihnen missfallen; und genauso verfahren amerikanische
Unternehmen mit europäischen Gesetzen. In gleicher Weise verhalten
sich beide Japan gegenüber. Es hat den Anschein, als würden
Handelsgesellschaften mit der Unterminierung von Bürgerschutzgesetzen
in jedem Fall die Oberhand gewinnen. Wie denkt der Meister über diese
Art von Unternehmenspolitik?
M: Das ist eine Überbewertung der Folgen wirtschaftlicher
Globalisierung. In der Praxis wird man zum Schutz der nationalen Eigeninteressen,
wie ich in meiner Antwort zuvor bereits erwähnte, ein Sicherungssystem
einbauen. Es werden sich genau jene Kontrollmechanismen entwickeln, die
sich zur Wahrung der eigenen Interessen als notwendig erweisen. Was nach
schnellem Gewinn aussieht, könnte möglicherweise
fragwürdige Konsequenzen haben, für die Betroffenen ebenso wie
für andere.
Konglomerate oder Megakonzerne
In den vergangenen Jahrhunderten unterlagen Wirtschaftsunternehmen in
Nordamerika der strengen Kontrolle durch die Bürgerschaft. Es war
beispielsweise nicht möglich, dass ein Unternehmen ein anderes aufkaufen
konnte. Heute jedoch gibt es Konglomerate, die eine erschreckende Machtanhäufung
darstellen. Einer dieser Multis, um die Situation einmal zu veranschaulichen,
ist General Electric. General Electric ist im Börsenhandel, im Bankwesen,
in der Kunststoffproduktion und der Fabrikation medizinischer Diagnosegeräte
aktiv, ihm gehört NBC, es stellt Elektromotoren, Turbinen und Flugzeugaggregate
her. Es beobachtet permanent die Gesetzgebung in den USA und beschäftigt
rund 22 Lobbyisten sowie einen Sonderstab, der im Bedarfsfall in Washington
zum Einsatz kommt.
PP: In welchem Umfang haben, aus der Sicht des Meisters, Großkonzerne
in den Vereinigten Staaten, Japan und Europa bereits Politiker 'in der
Tasche?
Meister: Das ist natürlich unterschiedlich, doch grob geschätzt
kontrollieren sie etwa 75 Prozent der Politiker in den USA und Japan und
im großen und ganzen 75 Prozent jeglicher politischen Entscheidungsfindung
in den G-8-Ländern (einschließlich Westeuropa und Kanada).
[An dieser Stelle fügte Benjamin Creme an, dass mit diesen
75% jene Politiker gemeint sind, die sich in ihrer Art zu denken, zu entscheiden
oder zu handeln auf das Kommerzspiel eingelassen haben. Interessanterweise
verwies er auf die Behauptung Maitreyas vor einigen Jahren, daß
die Kommerzialisierung gefährlicher als die Atombombe ist,
und gestand, dass sie ihm zu jener Zeit doch sehr dramatisch erschienen
sei. Auch ich hatte damals ähnlich empfunden, aber heute, da die
gefährlichen Auswirkungen der Kommerzialisierung auf so viele Lebensbereiche
immer deutlicher zu erkennen sind, scheint sich Maitreyas Ansicht gänzlich
zu bewahrheiten. Wir diskutierten dann kurz Herrn Cremes Meinung, dass
die Politiker nicht weit genug vorausgedacht hätten, um die Folgen
ihrer rigiden, marktorientierten Maßnahmen absehen zu können,
und er stimmte mit dem Meister überein, dass die Dynamik der Entwicklung
durch Versuch und Irrtum modifiziert werde, sobald die Maßnahmen
in der Praxis erprobt und sich als wenig wirksam oder nachteilig erweisen
würden.]
PP: Sollten Konglomerate aufgelöst werden, um eine bessere
öffentliche Überwachung zu ermöglichen und diese Art der
Machtkonzentration zu reduzieren?
Meister: Das wird nicht geschehen. Denn die globalen Unternehmen
schaffen tatsächlich (ohne sich dessen bewusst zu sein) die Mechanismen
für die Verteilung der Weltressourcen. Diese Strukturen machen eine
sehr praktische und vernünftige Umverteilung der Weltressourcen möglich.
Es geht daher nicht um eine Demontage, sondern um die Nutzung dieser Strukturen
für andere Zielsetzungen. Dazu gehören Verkehrsverbindungen
wie Straßen und andere Transportwege, Kommunikations- und Informationsnetze
sowie die Möglichkeit des schnellen Geldverkehrs rund um die Welt.
[Benjamin Creme setzte hinzu, daß es inzwischen schon Unternehmensmogule
gäbe, die, wie beispielsweise George Soros, einen ganz anderen Ton
anstimmten.]
PP: Worauf führt der Meister diesen Gesinnungswandel zurück?
Meister: Der Gesinnungswandel von Menschen wie diesen und auch
anderen ist verschiedenen Faktoren zuzuschreiben. Zum einen waren sie
intelligent genug, um die globalen Auswirkungen dessen, was sie selbst
in Gang gesetzt haben, erkennen zu können. Größeren Einfluss
jedoch haben die neuen Energien, die nun alle Gesellschaftsschichten durchdringen.
Ein neues Licht fällt auf die Welt. Die Energie des Gleichgewichts,
die mit Maitreya hereinkommt, reinigt die Welt von den alten Spaltungs-
und Hasstendenzen, und viele Leute in Machtpositionen, die bislang ihr
Leben auf die Erfüllung ihrer persönlichen Ideale und Ambitionen
ausgerichtet hatten, reagieren auf diese neue Energie. So gesehen, ist
der Mechanismus, der den Wandel hervorbringt, bereits am Werke. Viele
dieser Verantwortlichen sind in hohem Maße von diesen Energien beeinflusst
und werden am Wiederaufbau, der unvermeidlich stattfinden wird, bereitwillig
mitarbeiten. Viele von ihnen werden einflussreiche Verfechter der notwendigen
Veränderungen sein.
PP: Möchte der Meister dem noch etwas hinzufügen?
Meister: Bei all dem ist der Faktor Zeit zu berücksichtigen.
Die Veränderungen dürfen nicht so schnell vonstatten gehen,
dass sie dabei die gegenwärtige Ordnung überrennen und zerstören;
sie müssen andererseits aber radikal genug sein, damit die Hoffnungen
aller Menschen guten Willens auch erfüllt werden können.
Aus Share International (Ein Aufruf zum Teilen), April 1997.
Info und Fragen: info@share-berlin.de
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